Bericht zur OMV-Bundesdelegiertentagung am 27./28.November 2015 in Berlin

30.11.2015

Erfolgreiche Arbeit für die Heimatvertriebenen, Aussiedler, Spätaussiedler, Heimatverbliebenen und ihre Anliegen in der CDU/CSU wird fortgesetzt.

Auf der Bundesdelegiertentagung der Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung der CDU/CSU (OMV) – Union der Vertriebenen und Flüchtlinge – im Berliner Konrad-Adenauer-Haus unter dem Leitwort „Vertreibungen sind Unrecht – gestern wie heute“ wurde der ehemalige langjährige Bundestags­abgeordnete Helmut Sauer (Salzgitter) am 27. November 2015 mit großer Mehrheit zum Bundes­vor­sitzenden wiedergewählt. Sauer wird somit auch seine Arbeit im CDU-Bundesvorstand fort­setzen, dem er seit fast 26 Jahren angehört.

In den neuen Bundesvorstand wurden außerdem als stellvertretende Bundesvorsitzende Rüdiger Goldmann (Düsseldorf), Christa Matschl (Erlangen), Gudrun Osterburg (Frankfurt), Egon Primas MdL (Nordhausen) und Heiko Schmelzle MdB (Norden) gewählt. Schatzmeisterin bleibt Iris Ripsam (Baden-Württemberg). Als Hauptgeschäfts­führer wurde Dipl.-Vw. Klaus Schuck (Much) wiedergewählt. Zu Beisitzern wurden gewählt: Adolf Braun (Chemnitz), Ulrich Caspar MdL (Frankfurt), Dr. Bernd Fabritius MdB (München), Paul Hansel (München), erstmals Werner Jostmeier MdL (Dülmen), Stephan Krüger (Köln), Fedor M. Mrozek (Kiel) und Christoph Zalder (Stuttgart). Außerdem dem OMV-Bundesvorstand angehörig sind das einzige Ehrenmitglied Dr. Sieghard Rost (Nürnberg) sowie der Vorsitzende des Arbeitskreises ehemaliger politischer Häftlinge der SBZ/DDR in der CDU/CSU Heinz Greifenhain (Emden).

Den ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern Prof. Dr. Michael Pietsch (Mainz) und Oliver Dix (Hannover/Braunschweig) dankte Sauer für ihre Mitarbeit.

REDE HELMUT SAUER

In seiner ausführlichen Rede ging Helmut Sauer auf sämtliche wichtigen Bereiche der Vertriebenen- und Aussiedlerpolitik ein. Zum fortwährend aktuellen Leitwort der Bundesdelegiertentagung „Vertreibungen sind Unrecht – gestern wie heute“ erklärte er: „Die Menschheit hat aus unserem Schicksal leider wenig gelernt.“ Auch wenn deutsche Vertriebene und aktuelle Flüchtlinge nicht vergleichbar seien, müssten Ver­treibungen nach wie vor geächtet und könnten Fluchtursachen nur in breiter, interna­tio­naler Zusammenarbeit bekämpft werden.

Am bundesweiten Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung am 20. Juni 2015 habe sich mit einfühlsamen und wegweisenden Reden u.a. von Bundespräsident Joachim Gauck gezeigt, dass unterdessen auch gesamtgesellschaftlich endlich an das Schicksal der deutschen Heimatvertriebenen erinnert wird. „Ein längst überfälliger Gedenktag!“, erklärte Sauer. Möglich geworden sei der Gedenktag auch durch den Rückhalt, den die Vertriebenen mit ihren berechtigten Anlie­gen in den Unions­parteien aus CDU und CSU genössen.

Diese Unterstützung habe sich auch im Beschluss einer Entschädigung für zivile deutsche Zwangsarbeiter gezeigt. Nach einem vorliegenden Beschluss des Haushaltsausschusses im Deutschen Bundestag wurde eine solche Entschädigung mit dem Bundeshaushaltsgesetz für 2016 verabschiedet. Der OMV-Bundesvorsitzende betonte, es gelte nun, auch in der Heimat verbliebene Zwangsarbeiter mit in die Auszahlung dieser symbolischen Geste einzubeziehen.

Weiterhin begleitet werden müsse die Entwicklung der Bundesstiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ (SFVV). Für die Arbeit insgesamt zähle die Erfüllung der politisch einstimmig verabschiedeten Stiftungskonzeption.

In diesem Zusammenhang wies Sauer Störfeuer aus anderen Parteien scharf zurück. Er betonte: „Es bleibt bei dieser Stiftungskonzeption!“

Sauer lobte den Einsatz vieler OMV-Mitglieder auf dem Gebiet der grenzüberschreitenden Kulturarbeit. Es sei gut, dass dort, wo die Brückenfunktion der deutschen Heimatvertriebenen und Flüchtlinge, Aussiedler und Spätaussiedler besonders deutlich sichtbar werde, auch einer der Arbeitsschwerpunkte liege.

Erleichterungen und VerbesserungHelmut Saueren forderte Sauer im Hinblick auf das Wahlrecht von Auslandsdeutschen. So gebe es viele denkbare Möglichkeiten, Deutsche im Ausland wie z.B. in Oberschlesien besser an Bundestagswahlen zu beteiligen, indem ihnen etwa Stimmabgaben in Konsulaten eingeräumt würden. „Die bestehenden Regelungen müssen geändert werden“, so der OMV-Bundesvorsitzende.

Am Schluss dankte Sauer dem Bundesvorstand für die selbstbewusste und sachkundige Vertretung der OMV-Anliegen. In traditionell guter Zusammenarbeit mit der Bundesregierung, den Mitgliedern der Gruppe der Vertriebenen, Aussiedler und deutschen Minderheiten der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, den Mitstreitern in den Landesparlamenten, den CDU-Aussiedlerbeauftragten sowie dem Bund der Vertriebenen (BdV) und den Landsmannschaften wolle die OMV auch weiterhin für die weltweite Ächtung von Vertreibungen eintreten und das unruhige Gewissen in der CDU/CSU bleiben.

REDE PROF. DR. NORBERT LAMMERT

Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert MdB (CDU) erinnerte in seiner Ansprache an das Ende des Zweiten Weltkrieges vor 70 Jahren, als Deutschland zerstört und am moralischen Tiefpunkt war. Es sei aus dem heutigen Blick nur noch schwer vorstellbar, wie schwierig die damalige Situation gewesen sei. Die Gründergeneration der Bundesrepublik Deutschland hätte auch resignieren können. Umso eindrucksvoller erscheine es, mit welchem Einsatz und welchem Erfolg der Wiederaufbau angegangen worden sei. Insbesondere der Anteil der deutschen Heimatvertriebenen daran könne nicht hoch genug gewürdigt werden. Mit Bezug auf die derzeitige Situation erklärte Lammert: „Bessere Verhältnisse als die, die wir heute haben, hat es nie gegeben. Dass die Herausforderungen, vor denen wir heute stehen, größer wären als die damaligen, kann ich nicht erkennen.“ Gerade die eigene Ge­schichte zeige, dass Deutschland den aktuellen Aufgaben gewachsen sei, wenn man nur wolle.

REDE GERDA HASSELFELDT

Die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe in der CDU/CSU-Bundestagfraktion Gerda Hasselfeldt MdB lobte das seit Jahrzehnten ungebrochene Engagement der deutschen Vertriebenen, Flüchtlinge, Aus­siedler und Spätaussiedler für ihre Anliegen, für ihre Heimat und die dort verbliebenen Landsleute sowie für Deutschland insgesamt. Moralisches Fundament dieser Arbeit sei die Charta der deutschen Heimatvertriebenen, die sie als „großartigstes Versöhnungswerk in der europäischen Nach­kriegsgeschichte“ bezeichnete. Im Hinblick auf die Situation von Flucht und Vertreibung damals und heute betonte Hasselfeldt, dass nach dem Zweiten Weltkrieg Landsleute nach Deutschland gekommen seien. Dies dürfe nicht vergessen und mit der heutigen Lage verwechselt werden. Die Empathie und die Überzeugungsarbeit der Zeitzeugen von Flucht und Vertreibung seien wichtig, um solche Vorgänge in unserer heutigen Zeit wirksam zu verhindern. Um die Fluchtursachen zu bekämpfen und den Zustrom der Flüchtlinge abzuschwächen sei „europäische, ja internationale Solidarität notwendig.“ Abschließend bestätigte die CSU-Landesgruppenchefin das Motto der diesjährigen OMV-Bundesdelegiertentagung, indem sie erklärte: „Vertreibung ist, war und bleibt Unrecht.“

REDE PROF. MONIKA GRÜTTERS

Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), Staatsministerin Prof. Monika Grütters MdB, berichtete u.a. über Eckpunkte der im Entstehen begriffenen, neuen Konzeption für die Kulturförderung nach § 96 des Bundesvertriebenen- und Flücht­lingsgesetzes (BVFG). Für die Arbeit in diesem Förderbereich habe der Deutsche Bundestag mit dem Beschluss des Bundeshaushaltsgesetzes für 2016 am gleichen Tag einmalig 22 Mio. Euro zusätzliche Mittel bereitgestellt. So könnten z.B. drei neue Kulturreferenten ermöglicht werden und zwar für die Bereiche Oberschlesien, für die Deutschen aus Russland sowie für Siebenbürgen. Gemeinsam mit dem derzeitigen Etat von 23,7 Mio. Euro sei dies ein weiteres Signal dafür, dass die Anliegen der Vertriebenen und Aussiedler bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und somit auch in dem von ihr geleiteten Ministerium Gehör fänden, erklärte Professor Grütters. Nach langer, stetiger Erhöhung seit dem „absoluten Tiefpunkt“ unter Rot-Grün, als die Förderung auf unter 13 Mio. Euro zusammengestrichen wurde, sei nun der Stand aus der Regierungszeit von Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl wieder erreicht.

„Gerade die Auseinandersetzung mit dem deutschen Kulturerbe in Mittel- und Osteuropa, vom Baltikum hinunter zum Balkan und bis hinein nach Russland, kann sowohl in Deutschland wie auch in unseren Partnerländern helfen, nicht nur die Geschichte ganz Europas besser zu verstehen, sondern auch die Krisen und Konflikte, in deren Angesicht Europa sich heute neu bewähren muss“, verdeutlichte die Staatsministerin.

Ähnlich gelte dies auch für die Bundesstiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“. Hier müsse jedoch das Verhalten einiger Politiker, Wissenschaftler sowie der Medien kritisiert werden, denen die Berichterstattung über Personalfragen wohl wichtiger erscheine als eine Bilanz der bisher geleisteten, guten Stiftungsarbeit. Die vielen darzustellenden Perspektiven und Schicksale zu einer Dokumentation in Dauerausstellung zusammenzufassen, sei eine schwierige Aufgabe.

Flucht und Vertreibung bezeichnete Grütters als wichtigen Teil deutscher Identität. Es sei ein besonderes Verdienst auch des Einsatzes der Vertriebenen, Aussiedler und Spätaussiedler in der OMV, dass heute wieder vorbehaltlos an die vielen davon betroffenen Schicksale erinnert werden könne.

VORTRAG DR. GUIDO HITZE

Am folgenden Tag stand ein Vortrag von Dr. Guido Hitze unter dem Titel „Erinnerung und Gedenken an Dr. Herbert Hupka“ im Mittelpunkt der Veranstaltung. Hitze zeichnete ein detail- und anekdotenreiches Bild vom Leben des 2006 verstorbenen, ehemaligen OMV-Bundes- und späteren Ehrenvorsitzenden Hupka, der in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden wäre. Dabei ergänzte ihn der OMV-Bundesvorsitzende Helmut Sauer mit einigen eigenen Erinnerungen an seinen langjährigen politischen Wegbegleiter und Vorgänger im Amt des OMV-Bundesvorsitzenden, der mit seiner Familie mütterlicherseits schon in Ratibor/Oberschlesien befreundet gewesen sei.

Im Fokus von Dr. Hitzes Vortrag stand neben vielen biografischen Fakten der Lebensweg Hupkas vom „polnischen Kinderschreck“ zum Ehrenbürger seiner Heimatstadt Ratibor. So habe insbesondere Hupkas vertriebenenpolitisches Engagement dazu geführt, dass sich in Teilen des kommunistischen Polens Sprichwörter wie: „Wenn du dich jetzt nicht benimmst, dann kommt heute Nacht der Hupka“, zur Disziplinierung der Kinder eingebürgert hätten. Damit habe sich bei den damals neuen polnischen Bürgern der ehemaligen deutschen Provinzen die Furcht Luft gemacht, die deutschen Vertriebenen könnten ihr Eigentum wieder zurückfordern. Hupka sei es aber stets um die lebendige Heimat gegangen: Immer habe er betont, dass die Heimat in ihrer Kultur und Geschichte, aber auch in ihrem verän­derten Charakter erhalten und weitergedacht werden müsse. Erst nach dem Mauerfall und den politischen Umbrüchen in Osteuropa sei die ausgestreckte Hand Herbert Hupkas ergriffen worden. Sein Einsatz für seine Heimatstadt und deren Kulturdenkmäler, für die heimatverbliebenen Deutschen in Schlesien, aber auch für die Nöte der polnischen Bewohner sei am Ende mit der Ehrenbürgerschaft Ratibors gewürdigt worden. Die Feier seines 90. Geburtstages in seiner Heimatstadt – ein ganz persönliches Herzensanliegen Herbert Hupkas – sei ein großes Zeichen für den Rückhalt Hupkas in der Heimat gewesen, schloss Dr. Hitze seinen Vortrag.

SCHLUSS DER VERANSTALTUNG

Nach einer kurzen Bilanz der Tagung sprach der OMV-Bundesvorsitzende Helmut Sauer allen Gästen nochmals Dank und Anerkennung aus. Aus sämtlichen Tagungsbeiträgen sei deutlich geworden, dass „Vertreibungen sind Unrecht – gestern wie heute“ ein aus dem Herzen entspringendes, nach wie vor Gültigkeit besitzendes Leitwort für den gemeinsamen Einsatz in der OMV, aber auch in den Unionsparteien sei.