Sauer: Verständigung und Wahrhaftigkeit nicht zu trennen

15.08.2015

Zum 100. Geburtstag des 2006 verstorbenen langjährigen Bundes- und späteren Ehren­­vorsitzenden der Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung der CDU/CSU (OMV) – Union der Ver­triebenen und Flüchtlinge – Dr. Herbert Hupka am 15. August 2015 erklärt der OMV-Bun­des­vor­sitzende Helmut Sauer (Salzgitter):

Am 15. August 2015 wäre Dr. Herbert Hupka – aufrechter Fürsprecher für die Anliegen der Vertrie­benen und die Menschenrechte, gradliniger, vor­bild­licher Politiker und unser Freund – 100 Jahre alt geworden.

Herbert Hupka wurde auf Ceylon geboren. Sein Vater, Physikprofessor, sollte einen Lehrauftrag an der deutsch-chinesischen Hochschule von Tsingtau wahrnehmen. Von den Briten wurden sie kurz nach Beginn des Ersten Weltkrieges auf Ceylon, später im australischen Molonglo inter­niert. Nach der Freilassung starb der Vater auf dem Rücktransport ins heimatliche Schlesien an Lungenpest. Auf dem katholischen Friedhof der St.-Johannes-Pfarrei und auf dem Jerusalemer Friedhof im oberschlesischen Ratibor existieren die Familiengräber, die bis heute von Heimatfreunden gepflegt werden.

In Ratibor wuchs Herbert Hupka ab 1919 auf. Er war ein Schulfreund des jüngsten Bruders meiner Mutter, des 1973 in der oberschlesischen Heimat beerdigten Maximilian Stais, und des bekannten Straßenpredigers, des Jesuitenpaters Johannes Leppich SJ. 1934 legte Hupka das Abitur ab. Studien der Germanistik, Geschichte, Geographie und Kunstgeschichte führten ihn nach Halle und Leipzig. 1940 wurde er zum Dr. phil. promo­viert.

Wegen seiner jüdischen Familiengeschichte erlebte er während der Nazizeit vielfach Repressio­nen. So wurde er nach längerer Inhaftierung „unehrenhaft“ aus der Wehrmacht entlassen. Seine Mutter litt im Konzentrationslager Theresienstadt, von wo sie Herbert Hupka nach Kriegsende befreien konnte. Danach wurde die Familie von der Roten Armee und der polni­schen Miliz verfolgt. Im Oktober 1945 erfolgte die Vertreibung aus der Heimat. Über Bayern (Radio München/Bayerischer Rundfunk) und Bremen (Radio Bremen) führte Hupkas Weg 1959 nach Bonn (Pressechef „Kuratorium Unteilbares Deutschland“). Erfolgreich arbeitete er als Journalist, Publizist und Presse­sprecher.

Von 1969 bis 1987 gehörte Dr. Herbert Hupka – zunächst für die SPD – dem Deutschen Bundes­tag an, wo er vor allem im Auswärtigen Ausschuss wirkte. Am 29. Februar 1972 folgte er seinem Gewissen und verließ wegen der „Neuen Ostpolitik“ die SPD-Bundestagsfraktion. Am 17. Mai 1972 gehörte er zu den Abgeordneten, die gegenüber dem deutschen-polnischen Vertrag mit Nein stimmten. Hupka trat in die CDU ein und führte zwölf Jahre lang (1977 bis 1989) als Bundes­vorsitzender die Ost- und Mitteldeutsche Vereinigung – die Union der Vertriebenen, Flüchtlinge und Aussiedler in der CDU/CSU.

Bereits im Jahre 1948 hatte Herbert Hupka als Mitbegründer die Landsmannschaft Schlesien ins Leben gerufen. Von 1968 bis 2000 führte er sie als Bundesvorsitzender.

Sein Name war weithin bekannt und stand für einen Anwalt der Vertriebenen, ins­besondere der Schlesier, sowie für einen gewissenhaften Mahner der geschichtlichen Wahrheit und für einen Vertei­diger der Menschen-, Minderheiten- und Volksgruppenrechte. Dabei war er stets auf Ausgleich und Verständigung bedacht. Durch sein unbeugsames Festhalten an unverzichtbaren demo­kra­tischen und rechts­staatlichen Grundwerten, durch seinen gradlinigen Lebensweg sowie durch die Überzeugungs­kraft seines Denkens und Handelns erwarb er sich in Deutschland wie auch im Ausland großen Respekt und Ansehen.

Als 1989/90 der Eiserne Vorhang fiel, besuchte Herbert Hupka seine oberschlesische Heimat und betei­ligte sich an der schwierigen Herausforderung der deutsch-polnischen Verständigung unter Berück­sichtigung der Heimatvertriebenen und der in der Heimat verbliebenen deutschen Landsleute. Er konnte Vorurteile abbauen und Vertrauen schaffen. Die Stadt Ratibor hat sein Wirken mit der Verleihung der Verdienstmedaille der Stadt gewürdigt. Auch die Bundesrepublik Deutschland und der Freistaat Bayern ehrten den Politiker durch Ordensverleihungen für seinen Einsatz.

Dr. Herbert Hupka hat durch sein vielfältiges Engagement als Bundesvorsitzender der Lands­mannschaft Schlesien, als Bundes- sowie Ehrenvorsitzender unserer Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung, als Vizepräsident des Bundes der Vertriebenen und als Präsident der Stiftung Ostdeutscher Kulturrat das öffentliche Bild der deutschen Heimatvertriebenen wesentlich mitgeprägt.

Herbert Hupka war ein überzeugter Europäer und ein patriotischer Schlesier. Das Recht eines Volkes auf Selbstbestimmung, die Geltung unveräußerlicher Men­schen­rechte sowie das Recht auf die angestammte Heimat waren für ihn Kardinalfragen der Politik. Sein Wirken für Schlesien war nicht Pflicht, sondern Herzenssache. Schlesien lebte in ihm und lebt weiter durch ihn. Bis zuletzt war er schriftstellerisch tätig und hat seine Gedanken sowie seine politischen Wert­vor­stellungen in mehr als 20 Büchern zum Aus­druck gebracht.

Der christliche Glaube war ihm stets ein Ratgeber für den realen Blick in die Zukunft, für die Betrachtung der Zukunft Schlesiens sowie insbesondere der deutsch-polnischen Nachbarschaft im vereinten Europa.

Dr. Herbert Hupka hat sich im wahrsten Sinne des Wortes um unsere Heimat Schlesien (Nieder- und Oberschlesien) und Deutschland verdient gemacht. Er hat gezeigt, dass Verständigung und Wahr­haftig­keit nicht zu trennen sind. Am 24. August 2006 hat ihn der Herrgott von uns genommen. Er ruht im Familiengrab in München.