Sauer erinnert an den 3. Mai 1946

07.05.2011

Bildunterschrift:
Gutsinspektor Alfons Sauer (linker Pfeil) und seine Ehefrau Florentine-Hedwig mit dem vier Monate alten Helmut und der zweijährigen Renate (rechter Pfeil) am 28. April 1946 vor dem Güterbahnhof in Frankenstein in Schlesien zum Abtransport in die Provinz Hannover. Im Hintergrund das damalige Hotel "Zum Elephanten".

410 Schlesier kamen plötzlich nach Lengede

Am Kleinbahnhof der Ilseder Hütte in Lengede (neben der heutigen Realschule) wurden heute vor 65 Jahren am 3. Mai 1946 insgesamt 410 Heimatvertriebene ausgeladen. Sie waren am 28. April mit insgesamt 1.500 Personen durch den Transportbefehl 64 der „Aktion Schwalbe" in 32 unbeheizten Viehwaggons vom Güterbahnhof von Franken­stein (heute Zabkowice Slaskie) in Schlesien in die Britische Zone „verfrachtet" worden. Über das Lager Marienthal bei Helm­stedt wurde der Transport nach Peine weitergeleitet und die 350 meist alten, wehr­machts­unfähigen Männer, 727 Frauen und 423 Kinder auf den Land­kreis Peine auf­geteilt.

Im Auftrag der Gemeindeverwaltung Lengede verteilte der Lebensmittelkaufmann Ewald Leifheit die ihrer Heimat geraubten Schlesier auf beschlagnahmte Zimmer, Dachböden, Baracken und „Viehställe". Man war überzeugt, nach einigen Mo­naten in die Heimat zu­rück­kehren zu dürfen. Doch es sollte völlig anders kommen. Sie mussten sich einem schwe­ren, endgültigen Neuanfang stellen. Alle packten mit an und gehörten zu denen, die das „Wirt­schafts­wunder" ermöglichten.

Der „Treckführer" des Gesamt-Transportes Alfons Sauer (ehemals Wirtschaftsinspektor auf Gut Quickendorf, heute Lutomierz) wurde 1952 sogar 1. Beigeordneter und damit stell­ver­tre­ten­der Bürger­mei­ster der Gemeinde Lengede. Sein Sohn Helmut, geboren am 24. Dezem­ber 1945, war langjähriger Abgeordneter des Deutschen Bundestages und ist der­zeit Mit­glied des CDU-Bundesvorstandes sowie Landesvorsitzender der Schlesier in Nieder­sach­sen. Auch der langjährige Lengeder Ratsherr Georg Ratzke war mit seiner Fami­lie mit diesem Treck (aus Hertwigs­walde, heute Doboszowice) ausgewiesen worden.

Neben diesem Treck kamen noch weitere Transporte mit ca. 40.000 Ostdeutschen allein in den Peiner Landkreis. Die späteren Transporte kamen erst in das Lager Salzgitter-Immen­dorf, von wo aus die Vertriebenen auf die umliegen­den Landkreise, Städte und Gemeinden verteilt wurden. Dadurch kamen auch viele Pom­mern, Ost- und Westpreußen, Danziger, Sudetendeutsche und Vertriebene aus anderen ehemaligen Ostgebieten in die Gemeinde Lengede und „veränderten" das Dorfleben.