Deutsch-polnisches Versöhnungswerk in Peterwitz (Stoszowice)

15.06.2011

„Versöhnung" ist ein strapaziertes Wort. Allzu oft wird es gebraucht, wenn die Auseinandersetzung mit verübtem Unrecht oder der Schmerz der Erinnerung lästig werden. Gern benutzt wird es für politische oder kulturelle Programme, die doch nur Rahmenbedingungen setzen können, um zu wirklicher Versöhnung zu gelangen. Wirkliche Versöhnung beruht auf Wahrheit und Gerechtigkeit. Jan Józef Lipski, der große polnische Literaturhistoriker und Mitkämpfer im „Warschauer Aufstand", hat dies in seinen „Essays zur deutsch-polnischen Vergangenheit" einst auf den Punkt gebracht: „Wir müssen uns alles sagen!" Wirkliche Versöhnung kann nur zwischen den Menschen gelingen, nicht durch Regierungen verordnet, durch Verträge und Parlamentsresolutionen erreicht werden.

Zu den vielen Deutschen, die seit Jahrzehnten wirkliche Versöhnung beispielhaft vorleben, gehört auch Helmut Sauer (Salzgitter). Geboren am Heiligen Abend des Jahres 1945 auf Gut Quickendorf (Lutomierz), getauft am 3. Februar 1946 in der St.-Barbara-Kirche in Peterwitz (Stoszowice) wurde seine Familie am 28./29. April 1946 im Viehwaggon aus Schlesien vertrieben und kam am 3. Mai 1946 in die niedersächsische Gemeinde Lengede. Die tägliche Erinnerung der Eltern an ihre schlesische Heimat (Mutter aus Ratibor / Racibórz, Vater aus Striegau / Strzegom) und das erfahrene Leid der Vertreibung prägten Sauers Leben entscheidend, so dass er sich seit 1973 (1. Reise 1967) vor Ort für die heimatverbliebenen Landsleute als Bundestagsabgeordneter, Vizepräsident des Bundes der Vertriebenen (BdV) und als Bundesvorsitzender der Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung der CDU/CSU (OMV) engagiert. Viele Reisen führten ihn in seine schlesische Geburtsheimat, um vor Ort mit den heutigen Bewohnern und den in Oberschlesien lebenden Deutschen zu sprechen und von Mensch zu Mensch die Versöhnung mitzugestalten.

In den Jahren 2010 und 2011 war er insgesamt zehnmal in seiner Taufkirche St. Barbara in Peterwitz. Dort gelang es ihm in Zusammenarbeit mit Pfarrer Marian Maluk, unter persönlichem finanziellen Einsatz eine Kreuzigungsgruppe renovieren zu lassen, die noch aus der deutschen Vergangenheit stammt. Auf Sauers Wunsch wird dabei nicht nur die deutsche Inschrift vergoldet, sondern auch Marmortafeln mit deren polnischer Übersetzung an der Kreuzigungsgruppe angebracht, um den Wortlaut auch für die heutigen, polnischen Bewohner Peterwitz' verständlich zu machen. Unter der Mutter-Gottes-Statue: „Mutter der Schmerzen, bitte für uns." Unter der St.-Johannes-Statue, Schutzpatron des Erzbistums Breslau (Wrocław): „Heiliger Johannes, bitte für uns." Unter dem gekreuzigten Christus, dem beide Arme von Frevlern abgeschlagen worden sind: „Er hat uns geliebt und uns gewaschen von unseren Sünden mit seinem Blut. Apol. 1, 5".

Zusätzlich ließ Sauer eine weitere Tafel mit dem lateinisch-deutsch-polnischen Satz „Caritas Dei nos conjunxit. / Die Liebe Christi verbindet uns. / Miłość Chrystusa nas łączy." anfertigen, um dem Symbol der Versöhnung öffentliche Geltung zu verleihen. Die Weihehandlungen durch Pfarrer Marian Maluk wurden am Festtag Christi Himmelfahrt, am 2. Juni 2011, unter großer Beteiligung der heutigen, polnischen Pfarrangehörigen vorgenommen.