Bundesvorstandssitzung am 23. April 2008

02.05.2008

Der im Rahmen der Bundesdelegiertentagung 2007 neu gewählte OMV-Bundesvorstand kam erstmalig am 23. April 2008 in Berlin zusammen.

Zu Beginn der konstituierenden Sitzung begrüßte der Bundesvorsitzende, Helmut Sauer (Salzgitter), die anwesenden Vorstandsmitglieder und Gäste. Besonders herzlich hieß er den Vorsitzenden der Gruppe der "Vertriebenen, Flüchtlinge und Aussiedler" der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Herrn Jochen-Konrad Fromme MdB, willkommen. Dieser sei eine wichtige Stimme im Parlament sowie im vorpolitischen Raum. Der Bundesvorsitzende hob die gute Zusammenarbeit mit der Gruppe und mit deren Vorsitzendem hervor. Weiterhin besonders begrüßt wurden Herr Dr. Sieghard Rost, langjähriger Landtagsabgeordneter aus Nürnberg, Ehrenmitglied des Bundesvorstands, Herr Michael Weigand, der im vergangenen November erstmalig in den Bundesvorstand gewählt worden war sowie der ehemalige Referent der Gruppe der "Vertriebenen, Flüchtlinge und Aussiedler", Herr Thomas Helm und dessen Nachfolgerin, Frau Christine Baumdick.

Jochen-Konrad Fromme MdB dankte dem OMV-Bundesvorstand für die gute Zusammenarbeit und übermittelte die besten Wünsche für die neue Amtszeit. Besonders dankte er Thomas Helm für dessen erfolgreiche Arbeit als Referent der Gruppe und stellte die neue Referentin Christine Baumdick vor. Im Anschluss berichtete Fromme von den aktuellen Entwicklungen aus der Arbeit der Gruppe der "Vertriebenen, Flüchtlinge und Aussiedler" seit der letzten OMV-Bundesvorstandssitzung am 22. Oktober 2007.
Zunächst ging er auf den Kabinettsbeschluss vom 19. März 2008 zur Konzeption für das "sichtbare Zeichen" für die Opfer der Vertreibung ("Zentrum gegen Vertreibungen") ein. Mit dem Beschluss werde eine jahrelange Forderung der Union verwirklicht. Mit der Entscheidung sei das "Zentrum gegen Vertreibungen" seiner Realisierung einen maßgeblichen Schritt näher gekommen. Fromme führte aus, dass es für die Union wichtig sei, dass die Vertreibungsgeschichte der Deutschen in ihren Ursachen, Zusammenhängen und Folgen, ausgewogen und basierend auf historischen Tatsachen, dargestellt werde. Er ging auf die Konzeption der Einrichtung ein und hob hervor, dass die Arbeiten nach dem Kabinettsbeschluss zügig voranschreiten müssten. Fromme versicherte, es sei gewährleistet, dass die Schaffung des "sichtbaren Zeichens" und die spätere Gestaltung der Einrichtung nicht ohne wesentliche Beteiligung der Opfer und des BdV stattfinden werde. Er dankte Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel sowie Staatsminister Bernd Neumann, die bei Gesprächen mit dem polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk deutlich an dem Projekt des "sichtbaren Zeichens" festgehalten hätten.
In Zusammenhang mit der Kulturarbeit nach § 96 Bundesvertriebenen- und Flüchtlingsgesetz ging Fromme unter anderem auf die Erhöhung der Mittel im Bundeshaushalt für das laufende Jahr um 200.000 Euro ein. Erstmalig stünden für dieses Jahr damit wieder Mittel für die grenzüberschreitende Kulturarbeit zur Verfügung. Die Verbände seien aufgefordert, in diesem Bereich Anträge zu stellen.
Hinsichtlich der Thematik Deutsche Spätaussiedler und Integrationsmaßnahmen berichtete Fromme von einer Verbesserung der Integrationsmöglichkeiten für Aussiedler und Ausländer nach der Verabschiedung des Nationalen Integrationsplans und der Novelle zum Zuwanderungsgesetz. Weiterhin berichtete er von einer Intensivierung der Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). So hätten unter anderem Gespräche mit dem Präsidenten des BAMF sowie dessen Stellvertreter stattgefunden. Als deren Ergebnis sei festzuhalten, dass die berufliche Integration der Spätaussiedler durchaus als positiv bewertet werden könne. Dem widerspreche zwar die IAB-Studie Nr. 08/2007. Diese sei aber zu Recht auf harsche Kritik wegen ihres methodisch angreifbaren Ansatzes gestoßen. Fromme hob hervor, dass es eindeutig keine belastbaren Statistiken gebe, die belegen, dass die Arbeitslosenquote unter Spätaussiedlern höher liege als die Quote bei der Gesamtbevölkerung. Problematisch bleibe die Beschäftigung der ca. 220.000 in Deutschland lebenden akademischen Spätaussiedler. Auf Grund des restriktiven und wenig transparenten Anerkennungsverfahrens von Bildungs- und Berufsabschlüssen seien viele von ihnen nicht oder nur unterhalb ihres Qualifikationsniveaus beschäftigt. Er habe sich daher mit Mitgliedern der Arbeitsgruppe und dem Präsidenten des BAMF darauf verständigt, in der Sache initiativ zu werden. Ziel sei die Schaffung einer zentralen Stelle für die Anerkennung akademischer Grade. Schließlich ging er auf die Lage der Otto-Benecke-Stiftung e. V. ein. In Bezug auf Polen stellte Fromme fest, dass seit der Amtsübernahme von Ministerpräsident Donald Tusk eine deutliche Entspannung des deutsch-polnischen Klimas spürbar sei. Fromme berichtete von der Ankündigung des Vertreters der deutschen Minderheit im polnischen Parlament, Ryszard Galla, zweisprachige Ortsschilder in Regionen mit deutscher Minderheit aufzustellen. Dies sei ein großer Schritt für die dortige deutsche Volksgruppe. Weiterhin thematisierte er das Haus der deutsch-polnischen Zusammenarbeit in Gleiwitz. Hier seien noch nicht alle Probleme abschließend gelöst. Fromme kritisierte schließlich die Forderungen einiger polnischer Regierungsvertreter, Deutsche von dem Kreis der Begünstigten des geplanten Entschädigungsgesetzes auszuschließen.
Weiter informierte er über eine Delegationsreise nach Brüssel. Bei dortigen Gesprächen mit polnischen Mitgliedern des Europäischen Parlaments seien Möglichkeiten einer verbesserten Kommunikation von deutsch-polnischen Themen erörtert worden.
In Hinsicht auf die Tschechische Republik informierte Fromme über die wiederholte Beschäftigung des UN-Menschenrechtsausschusses mit den Möglichkeiten der Restitution von, im Zusammenhang mit der Vertreibung der Deutschen, konfisziertem Eigentum. Mit dem jüngsten Beschluss des UN-Menschenrechtsausschusses sei einmal mehr deutlich geworden, dass der Fortbestand der Teile der Benes-Dekrete, die sich mit den deutschen und den ungarischen Bevölkerungsgruppen in der ehemaligen Tschechoslowakei befassen, weder mit dem Völkerrecht noch mit den Rechtsgrundsätzen der Europäischen Union konform seien.
Fromme berichtete weiter von der Gedenkveranstaltung zum 60. Jahrestag der Vertreibung der Ungarndeutschen, die am 16. November 2007 im ungarischen Parlament stattgefunden hatte und zu der unter anderem auch Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert eingeladen worden war. Mit der Veranstaltung habe Ungarn Maßstäbe für einen unverkrampften Umgang mit den dunklen Kapiteln der eigenen Geschichte gesetzt. Hinsichtlich des Unantastbarkeitsbeschlusses des slowakischen Parlaments bezüglich der Benes-Dekrete teilte Fromme mit, dass dieser in Ungarn extrem negativ aufgenommen worden sei und zu einer Verschärfung der Spannungen zwischen beiden Staaten geführt habe.
Hinsichtlich der Regelung für die Kriegsheimkehrer Ost vermeldete Fromme eine deutliche Verbesserung. Der Auszahlungstermin werde nunmehr auf den 1. Juli diesen Jahres vorgezogen. Weiter ging er auf die schwierige Arbeit in der Koalitionsarbeitsgruppe zu offenen Fragen des Kriegsfolgenrechts und des SED-Unrechts ein.
Schließlich informierte er über die CDU-Aussiedlerbeauftragtenkonferenz vom 3. März 2008.

Im Anschluss fand im Bundesvorstand eine angeregte Aussprache bzw. Diskussion zu den Themen des Berichts statt.

Der Bundesvorstand befasste sich darauf folgend mit der Kooptation von Vorstandsmitgliedern und der Einladung von ständigen Gästen.

Anschließend ging der Bundesvorsitzende nochmals auf die Frage der Besetzung des Aufsichtsgremiums des "sichtbaren Zeichens" für die Opfer der Vertreibung ein. Hier müsse der Grundsatz der Autonomie der Verbände zur Besetzung gewahrt werden.
Sauer berichtete außerdem über die Forderung von Vertretern der konservativen polnischen Regierungspartei PSL, den Artikel 116 des Grundgesetzes abzuschaffen und wies dieses entschieden zurück. Artikel 116 des Grundgesetzes habe unter anderem nach wie vor Bedeutung für die Aufnahme von Spätaussiedlern in die Bundesrepublik Deutschland. Eine Abschaffung komme daher nicht infrage. Weiter erörterte er die Situation der deutschen Volksgruppe in Oberschlesien und ging auf das geplante Entschädigungsgesetz in Polen ein. Abschließend informierte Sauer über Grundsätzliches zu den OMV-Finanzen, die Besetzung der neu eingesetzten Bundesfachausschüsse der CDU sowie über Sach- und Personalfragen der katholischen Vertriebenenseelsorge, die er als Mitglied des Katholischen Flüchtlingsrates soeben mitberaten hatte.

Im Anschluss wurde Aktuelles aus den OMV-Landesverbänden (unter anderem Ergebnis der Vorstandswahlen in Niedersachsen und Hamburg) berichtet. Der nächste Bundesvorstand wird voraussichtlich am 23. Juni 2008 stattfinden.

Nach der Sitzung besuchte der Vorstand das Deutsche Historische Museum. In einer Überblickführung mit dem Schwerpunkt der deutschen Geschichte ab 1870 erhielten die Teilnehmer einen ersten Einblick in die Ständige Ausstellung des Museums. Im Verlauf der Führung wurden mehrmals einzelne Präsentationen angeregt diskutiert, insbesondere das Fehlen der Zentrumspartei in der Weimarer Republik. Kritisiert wurde von den Teilnehmern die äußerst knappe Darstellung von Flucht, Vertreibung und Integration der Deutschen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Ebenso wurde kritisiert, dass die Integrationsarbeit der Kirchen, Landsmannschaften und des Bundes der Vertriebenen überhaupt nicht aufgearbeitet worden ist.